Der Musiker Felix Leopold lebt seit fast vier Jahrzehnten mit seiner griechischen Frau in Thessaloniki und tritt überwiegend dort und auf der Chalkidiki auf. Seine Spezialität ist die Präsentation guter griechischer Lieder, deren Texte er ganz nah am Original bleibend selbst ins Deutsche übersetzt hat. Oft singt er griechische und deutsche Strophen im Wechsel. Vom 30.9.-7.11.2021 wird er wieder in Deutschland und Österreich spielen. Ich sprach mit ihm über seine Arbeit:
Die griechische Musik hat auch bei uns viele Fans. Jeder glaubt sie zu kennen - und kaum einer versteht die griechischen Texte.
FL: Auch Rock und Blues haben einen riesigen Fankreis, obwohl kaum jemand die Texte versteht. Text und Gesang sind nur Teil eines Gesamtarrangements, das Assoziationen und Gefühle erzeugen muss, um erfolgreich zu sein. Die Andersartigkeit griechischer Musik ist historisch begründet. Denn wie der Blues verwendet die griechische Musik historisch gewachsene Tonleitern und Rhythmen und ein unverwechselbares Führungsinstrument. Allein der Klang der Bouzouki im Sirtaki-Takt reicht aus, schöne Erinnerungen an Sonne, Strand und Geselligkeit zu wecken.
Bei mir war das anders. Als ich 1984 in Stuttgart meine Frau kennenlernte (eine Sängerin aus Thessaloniki) hörte ich zum ersten Mal griechische Lieder, ohne vorher jemals in Griechenland gewesen zu sein. Allerdings waren das auch außerhalb Griechenlands relativ unbekannte Lieder der damaligen Liedermacher- & Rockszene, und mir fiel sofort auf, dass Arrangement und Interpretation sehr stark den Text unterstützten. Das machte mich hellhörig. Gelangweilt von dem intellektuellen Pessimismus der deutschen Liedermacherszene und der Aussagelosigkeit der international gefeierten Rockstars war ich damals ohnehin auf der Suche nach neuen Ideen, die Welt zu verstehen. Und diese Neugierigkeit hat auch dazu geführt, dass ich sofort begonnen habe, griechisch lesen und schreiben zu lernen.
Mir scheint, dass die Texte für die griechische Musik in der Regel eine weit wichtigere Rolle spielen. Ist auch hier das Thema >Liebe< und >Verlangen< ganz dominierend?
FL: In Griechenland werden Lieder vorwiegend wegen ihres Textes geliebt. Gute Textdichter sind hoch angesehene Künstler und thematisieren wirklich alles, was in unserem menschlichen Dasein eine Rolle spielt. Und weil die Liebe in all ihren Erscheinungen eine uns Menschen treibende Kraft ist, spielt auch diese in den Liedern eine entscheidende Rolle. Es ist z.B. nicht unüblich, in ein Liebeslied gesellschaftspolitische Kritik einzuflechten. Das halte ich auch durchaus für logisch, denn oft sind es ja äußere gesellschaftliche und politische Umstände, die uns daran hindern, unser Verlangen nach Gemeinsamkeit zu leben.
Die Begriffe <erimia< und <monaxia< scheinen mir in griechischen Texten besonders häufig verwendet zu werden. Täuscht mein Eindruck?
FL: „Ερημιά (erimià)“ ist eine von Menschen unbewohnte Gegend, „ηρεμία (iremìa)“ die Stille, die Ruhe und „μοναξιά (monaxià)“ die Einsamkeit. Ob wir uns nach Einsamkeit oder nach Gemeinsamkeit sehnen, hängt wohl immer davon ab, unter was wir gerade leiden. Und das Leiden spielt in den griechischen Liedern eine große Rolle. Das Leiden gilt als eine natürliche emotionale Kraft, aus der Neues entsteht. Leiden erzeugt Sehnsucht, und Sehnsucht macht uns aktiv. Schließlich wollen wir erreichen, wonach wir uns sehnen. Und das Ergebnis ist dann z.B. dass ein von Liebesgram geplagter Mann sich auf dem Dorfplatz das Leid von der Seele tanzt.
Sind griechische Texte poetischer als deutsche, arbeiten sie mit mehr Metaphern?
FL: Ich bin schon der Ansicht, dass deutsche allgemein nicht diese poetische Tiefe vieler griechischen Texte haben. Die Poesie kommt bei der Beschreibung sinnhafter Zusammenhänge zwischen Gefühlen und dem aktiven Leben ohne Metaphern nicht aus. Doch die müssen komponiert und richtig gesetzt werden. Als Beispiel einer sehr gelungenen Metaphorik fällt mir sofort ein wunderschönes Lied von Lavrentis Machairitsas ein: „Μάτιαδίχως λογική“. In ihm beschreibt er die dunklen Augen seiner ehemals Geliebten mit einem alten, dem Zusammenbruch nahen Haus, das voller Geschichten und Liebe steckt und heute den Obdachlosen und den hungrigen Kindern Zuflucht bietet.
Du singst griechische Lieder mit von dir selbst übersetzten Textversionen. Sind deine Zuhörer von diesen Texten überrascht? Gängige Versionen großer Songs z.B. von Theodorakis haben ja in üblichen deutschen Übersetzungen ganz andere Inhalte als im Griechischen, oder?
FL: Die gängigen Versionen großer Theodorakis- und Chatzidakis-Lieder wurden von Nana Mouskouri und Vicky Leandros gesungen. Warum die deutschen Texte den Inhalt der Originale so konsequent ignoriert haben, muss man die zuständigen Produzenten fragen. Unglücklich bin ich darüber vor allem deshalb, weil diese Adaptionen ein Klischee von Griechenland unterstützt haben, das dem Land bis heute schadet. Und außerdem wurde eine große Chance vertan, mit zwei solch grandiosen Interpretinnen eine kulturelle Brücke zu bauen.
In der griechischen Musik wurden häufig Texte großer Poeten vertont, sogar von Nobelpreisträgern. Die Songs werden oft zu regelrechten Gassenhauern, die auch das einfachste Volk mitsingt.
FL: Dass selbst Gedichte von Elytis, Seferis und Ritsos zu Gassenhauern wurden, ist eindeutig den Komponisten zu verdanken, die es geschafft haben, aus ihnen Lieder zu machen, die sogar Kinder mitsingen können. Bei mir in Thessaloniki werden Kinder regelmäßig abends nicht nur zum Sport sondern auch zum Chorsingen, zu Tanzgruppen und zum Musikunterricht gebracht. Natürlich hören sie so auch diese Lieder der großen Poeten. Niemand verlangt von ihnen, diese dann auch gleich zu verstehen, aber immerhin kennen sie sie. Und das erhöht die Chance, dass sie sich später mal sehr interessiert auch mit den Texten befassen.
Und das „einfachste Volk“, das diese Lieder mitsingt, ist vielleicht gar nicht so einfach. Denn du weißt ja selbst, dass viele Taxifahrer, Kellnerinnen, Kioskbesitzer, Verkäuferinnen ein abgeschlossenes Studium hinter sich haben. Sie sind oft musisch gebildet. Mir würde es sehr gefallen, wenn sich ein deutscher Maurer nach einem harten Arbeitstag mit seinem schönen, kalten Bier an den Kneipentresen setzt und Rilke-Gedichte liest.
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